Die natürlichen Sorptionsprozesse werden zum Teil auch in der Wasseraufbereitung genutzt, zum Beispiel bei der Uferfiltration, die häufig dann zum Einsatz kommt, wenn verschmutztes Oberflächenwasser (z. B. Flusswasser) zur Trinkwassererzeugung genutzt werden soll. In diesem Fall wird das Rohwassser für die Trinkwassergewinnung nicht direkt aus dem Fluss entnommen, sondern aus Förderbrunnen, die in einiger Entfernung (meist 50 bis 100 m) vom Ufer entfernt angelegt werden. Durch die Wasserförderung aus dem Brunnen entsteht ein hydraulischer Gradient und Wasser aus dem Fluss infiltriert in den Untergrund und strömt in Richtung Brunnen. Während der Untergrundpassage laufen verschiedene Prozesse ab, die zur Verbesserung der Wasserqualität führen, wie Filtration, biologischer Abbau sowie auch die angesprochene Sorption, die insbesondere biologisch nicht abbaubare Substanzen zurückhalten kann oder für schwer abbaubare die Aufenthaltszeit im Untergrund verlängert und damit die Bedingungen für den Abbau verbessert. Auch bei der künstlichen Grundwasseranreicherung und bei der Infiltration von vorgereinigtem Abwasser wirken ähnliche Mechanismen. Insbesondere für Regionen mit Wasserknappheit ist die Abwasserwiederverwendung ein vielversprechender Ansatz zur Lösung der Wasserprobleme. Die bereits angesprochenen aktuellen Forschungsaktivitäten zur Sorption sind vor allem auch unter diesen Aspekten von großer Bedeutung.
3. Technische Adsorption
Bei den technischen Adsorptionsverfahren stellt die Adsorption organischer Wasserinhaltsstoffe an Aktivkohle zweifellos das klassische Anwendungsfeld dar. In der Trinkwasseraufbereitung wird die Aktivkohleadsorption seit mehr als 100 Jahren gezielt eingesetzt, um organische Substanzen aus dem Wasser zu entfernen. Anfangs konzentrierte man sich auf die Entfernung von Geruchs- und Geschmacksstoffen. Mit zunehmenden analytischen Möglichkeiten rückten auch die organischen Spurenstoffe in den Mittelpunkt des Interesses und wurden Zielsubstanzen bei der Anwendung der Aktivkohleadsorption. In letzter Zeit wird auch der Einsatz von Aktivkohle zur weitergehenden Abwasserreinigung (sogenannte vierte Reinigungsstufe) ernsthaft in Betracht gezogen. Hier geht es darum, schwer abbaubare organische Spurenstoffe aus dem Abwasser zu entfernen, bevor dieses dem Vorfluter zugeführt oder gegebenenfalls auch infiltriert wird. Die Aktivkohleadsorption steht hier in Konkurrenz zur oxidativen Abwasserbehandlung mit Ozon, wobei beide Verfahren Vor- und Nachteile aufweisen.
Für spezielle Anwendungsfälle gewannen in den letzten Jahren auch alternative Adsorbentien an Bedeutung. Zu nennen sind hier vor allem Eisenhydroxidmaterialien, die sich gut zur Entfernung von Arsenat oder Phosphat eignen. Der dominierende Mechanismus ist hier die - stark pH-abhängige - Oberflächenkomplexbildung. Die Arsenatproblematik stellt sich in der Trinkwasseraufbereitung (As-Grenzwert: 10 mg/L) insbesondere dann, wenn Rohwasser verwendet werden muss, das aufgrund geologischer Gegebenheiten höhere Arsenkonzentrationen enthält. Die Phosphatentfernung ist Bestandteil der Abwasserbehandlung und wird zum einen aus Umweltschutzgründen (Vermeidung der Eutrophierung von Gewässern durch Eintrag des Nährstoffs Phosphor), neuerdings aber auch mit dem Ziel der Rückgewinnung des endlichen Rohstoffs Phosphor durchgeführt. Das relativ wartungsarme Adsorptionsverfahren bietet sich vor allem für dezentrale Kleinkläranlagen an. Die größte wissenschaftlich-technische Herausforderung ist hierbei gegenwärtig die Optimierung der Regeneration des Adsorbens. Entsprechend der pH-Abhängigkeit der Adsorption erfolgt die Aufnahme von Phosphat bevorzugt bei pH-Werten unterhalb des isoelektrischen Punktes des Eisenhydroxids (überwiegend positive Oberflächenladungen), während die Desorption bei hohen pH-Werten oberhalb des isoelektrischen Punktes (überwiegend negative Oberflächenladungen) bevorzugt ablaufen sollte. In der Praxis zeigte sich jedoch, dass eine Regenerierung mit Natronlauge schon nach wenigen Beladungszyklen zu einem extremen Einbruch der Adsorptionskapazität führt. Mittels EDX-Analysen (EDX - energy dispersive X-ray spectroscopy) konnte gezeigt werden, dass Ablagerungen von Calciumverbindungen das Phosphat auf der Oberflächen blockieren und eine vollständige Desorption verhindern. Eine pH-Swing-Desorption, zunächst mit HCl zur Auflösung der Calciumverbindungen und anschließend mit NaOH zur Desorption erscheint nach ersten Ergebnissen erfolgversprechend (Abbildung 2).