Betrachten wir die bereits erwähnte Elektronenkonfiguration etwas genauer, denn aus dieser ergibt sich für jedes Element eine Vielzahl von chemischen und physikalischen Eigenschaften. Lanthan steht in der Gruppe 3 des Persiodensystems der Elemente (Ordnungszahl 57) mit der Elektronenkonfiguration [Xe]6s25d1, ist also ein Übergangsmetall. In den dem Lanthan ähnlichen Elementen (= Lanthanoide) Ln = Ce, Pr, Nd, Pm, Sm, Eu, Gd, Tb, Dy, Ho, Er, Tm, Yb, Lu wird die 4f-Schale mit Elektronen aufgefüllt im Sinne einer Elektronenkonfiguration [Xe]6s25d04fn+1 (Ausnahme 5d14f7 bei Gd, 5d14f14 bei Lu). In Verbindungen ist die dreiwertige Oxidationsstufe, d. h. Ln3+ mit [Xe]4fn i. d. R. bevorzugt.
Ein interessantes Detail sorgt nun für den besonderen Charakter des Europiums, nämlich die energetische Bevorzugung leerer, halbvoller und voller Schalen, also 4f0, 4f7 und 4f14. Für Europium, das sechste Lanthanoid, bedeutet dies, dass ein zweiwertiger Oxidationszustand mit [Xe]4f7 energetisch eine gute Alternative darstellt zum dreiwertigen mit [Xe]4f6. Gleiches gilt prinzipiell auch für Ytterbium (dort [Xe]4f14 gegen [Xe]4f13), jedoch ist die Ionisierungsenergie eines Ions Eu2+ fast dreimal so hoch wie bei Yb3+, weshalb das „aus der Reihe tanzen“ beim Europium noch deutlich stärker ausgeprägt ist. In Lösung sind Europium und Ytterbium leicht, z. B. durch Zink, in die zweiwertige Oxidationsstufe zu bringen und gut von den anderen Lanthanoiden zu trennen. Dies ist ein entscheidender Vorteil, da jene wegen ihrer chemischen Ähnlichkeit nur sehr schwer voneinander separierbar und rein darzustellen sind. Der Wechsel von dreiwertiger zu zweiwertiger Oxidationsstufe ist oft mit drastischen Änderungen der Eigenschaften verbunden. So ist Europiumoxid mit dreiwertigem Europium, Eu2O3, farblos, während EuO mit zweiwertigem Europium dunkel-rotviolett ist. Sehr deutlich ist auch der Unterschied bei den magnetischen Eigenschaften mit einem sehr großen magnetischen Moment von 7,94 μB für das freie Eu2+- und keinem (0 μB) beim freien Eu3+- Ion. Mit magnetischen Messungen oder über Mößbauer-Spektroskopie sind daher beide Oxidationsstufen sehr leicht zu unterscheiden.
Das Leuchten von Europiumverbindungen
Nehmen die 4f-Elektronen auch kaum an der chemischen Bindung teil, so haben sie aber dennoch einen sehr großen Einfluss auf die physikalischen Eigenschaften, insbesondere auf spektroskopische und magnetische. Dies legt den Grundstein für die Verwendung von Europium-Verbindungen z. B. als Leuchtmittel. Das Leuchten von Europiumverbindungen im UV-Licht beruht auf Lumineszenz. Geringe Mengen eines Aktivatorlementes (hier Europium), meist wenige Promille oder Prozent, werden hierzu in eine Feststoff-Matrix eindotiert, was dann in Formeln wie Y2O2S:Eu3+ zum Ausdruck kommt. Dieser Stoff kann mit UV-Licht (in Leuchtstoffröhren) oder durch Elektronenbeschuss (in alten Farbbildschirmen, also Kathodenstrahlröhren) angeregt werden, was zur Emission von rotem Licht führt. In modernen Plasma-Bildschirmen wird oft (Y1-xGdx)BO3:Eu3+ mit orange-roter Emission eingesetzt. Beim dreiwertigen Europium beruht diese rote Photo-Lumineszenz auf eigentlich verbotenen elektronischen Übergängen zwischen zwei f-Niveaus, die scharfe Linien im Lumineszenz-Spektrum erzeugen und nur eine geringe Abhängigkeit der Emissionswellenlänge von den umgebenden Ionen zeigen. Der 5D0→7FJ – Übergang in Lumineszenz-Spektren erlaubt eine Aussage über die Symmetrie des Eu3+-Ions, was für die Strukturaufklärung von großem Interesse ist. Eu3+-Komplexe können auch als Lumineszenz-Sonden für biomedizinische Anwendungen eingesetzt werden [2].
Zweiwertiges Europium hingegen zeigt völlig andere Eigenschaften bezüglich der Lumineszenz. Da die elektronischen Übergänge 4f65d1→4f7 gemäß spektroskopischer Auswahlregeln nicht verboten sind, ergibt sich oft sehr intensive Lumineszenz, welche aber im Gegensatz zum dreiwertigen Europium breitbandig und wegen der Beteiligung von d-Zuständen stark von der lokalen Umgebung der Europiumionen abhängig ist. Dies eröffnet präparativ arbeitenden Chemikern ein weites Feld zur Synthese von neuen Leuchtstoffen mit einer großen Bandbreite an möglichen Emissionswellenlängen. Diese decken das komplette Spektrum des sichtbaren Lichtes ab, von blau (BaMgAl10O17:Eu2+, SrF2:Eu2+), über grün (SrSi2N2O2:Eu2+, SrGa2S4:Eu2+) und gelb (BaS:Eu2+, SrLiH3:Eu2+) zu rot (Ba2Si5N8:Eu2+, SrH2:Eu2+). Größere Wellenlängen treten vor allem bei kovalenten Bindungesanteilen (nephelauxetischer Effekte), z. B. in Sulfiden, Nitriden oder Hydriden, auf [3, 4].
Euro-Geldscheine erstrahlen im UV-Licht bei 254 nm vielfarbig (Abb. 1). Die genaue Zusammensetzung der Lumineszenz-Materialien ist geheim, jedoch konnten niederländische Chemiker das Geheimnis weitgehend lüften. Im Fünf-Euro-Geldschein kommt die rote Farbe von ff-Übergängen des dreiwertigen Europiums, wahrscheinlich in einem Komplex mit β-Diketonen [5]. Die grüne und blaue Emission hingegen stammen von df-Übergängen von zweiwertigem Europium, vermutlich SrGa2S4:Eu2+ und (BaO)x*6Al2O3:Eu2+ [5]. Mit Europium in allen drei UV-aktiven Lumineszenzmaterialien ist die Fünf-Euro-Banknote somit wahrhaft europäisch!